Alltagsengel

Unsere Wohnung kam zwar möbliert. Aber einige Kleinigkeiten fehlten mir noch zum Glück. Zum Beispiel ein Schreibtisch. Denn den vorhandenen bekam natürlich unser Schulkind (für Hausaufgaben, die sie sowieso am Küchentisch macht, ist ja klar).

Auf dem Weg, um eine geschenkte Fossil-Handtasche abzuholen, entdeckten Toni und ich einen passenden Tisch. Aus zerschundenem, irgendwie geliebt aussehendem Holz mit 3 Schubladen. Perfekt. Wir hielten und inspizierten ihn. „Sieht gut aus. Wir kommen nachher mit dem Auto zurück und holen ihn.“, beschlossen wir.

Auf der gegenüberliegenden Seite beobachtete uns eine Frau. Sie war gerade mit ihrem großen Pick-up heim gekommen. „Braucht ihr Hilfe?“, fragte sie uns. Ich guckte überrascht und verstand die Frage nicht ganz. „Hm, also wir mögen den Tisch. Aber wir können ihn jetzt natürlich nicht mitnehmen. Wir kommen einfach nachher wieder.“, erklärte ich.

„Braucht ihr Hilfe?“, wiederholte sie.

„Ähm, ja, also würden sie mir den Tisch fahren?“, fragte ich ungläubig. „Es ist auch wirklich nicht weit, vielleicht ne halbe Meile.“

„Ja, klar, ich dreh nur kurz den Wagen.“ Gesagt, getan. Sie wendete, wir luden den Tisch mit ihrer Sackkarre ins Auto und dann fuhr sie ihn mir hinterher bis vor die Haustür.

Das ist Berkeley! Wo eine fremde Frau einer anderen fremden Frau einen am Straßenrand gefundenen Tisch nach Hause fährt. Einfach so. Weil sie es kann. Engel gibt’s eben doch.

Der große Auszug

Das akademische Jahr 2018/19 ist zu Ende. Die Prüfungen sind geschrieben. Die Graduations gefeiert. Die Fotos mit Umhang und Hüten geschossen.

Nun beginnt der große Auszug der gut 42.000 Studenten aus Berkeley für den Sommer. Das sind 1/3 der Bevölkerung. Wer über die Uni ein Zimmer bekommen hat, muss sofort nach Semesterende raus. Also stapeln sich im Univiertel die Besitztümer der Studis auf der Straße: Matratzen und Couches, Schreibtische und Stühle, vereinzelte Regale und Putzutensilien, Dosenessen und Fertignudelgerichte.

Flüssignahrung und Regal am Straßenrand.

Während einige Glückliche ihre Habseligkeiten auf elterliche Trucks laden können, müssen andere aller zurücklassen, was nicht in den Koffer im Flieger passt. Also ging ich auf Schatzsuche und fand: Drucker und Mikrowellen (die ich stehenließ), eine Heißluft-Popcornmaschine (da konnte ich nicht widerstehen), wunderbare Tassen (Highlight mit Rabbinerwitz: Wie trank Moses seinen Kaffee? HeBrewish… he brew = er braute) und eine knallrote Retrostehlampe (passend zu meinem roten Nachttisch).

Gegenüber von Theos Kita stehen jetzt 10 Container. Darin können Studis ihre Möbel über den Sommer lagern gegen eine Gebühr. Aber die meisten Neuankömmlinge werden sich im Herbst all das wieder (neu) kaufen müssen, was jetzt auf der Straße landet. Wirklich ärgerlich.

Schlimmer als in Rumänien: Infrastruktur

„Wie viele Dollar hat Berkeley im letzten Jahr für die Instandhaltung seiner Straßen ausgegeben?“, fragte uns ein Freund. Wir überlegten, er grinste. Ah, also eine Fangfrage. „Null?“ – „Ja, genau.“

In entsprechendem Zustand sind die Straßen. Schlaglöcher wohin das Auge blickt, aufgerissener Asphalt, fehlende Markierungen. Zum Glück sind die Fahrbahnen so breit, dass man meistens ausweichen kann.

Selbst auf der Autobahn sieht es so aus. Die erlaubten 65 Meilen pro Stunde (104 km/h) fühlen sich entsprechend halsbrecherisch schnell an auf manchen Strecken. Wenn plötzlich alle vor dir ohne ersichtlichen Grund bremsen, unbedingt nachahmen. Die kommende Bodendelle dürfte besonders heftig sein.

Wo fließen die Steuergelder nur hin? Vielleicht in den öffentlichen Nah- und Fernverkehr? Weit gefehlt. Die Bart (S-Bahn) fährt wie die Straßenbahnen in meiner Kindheit: laut, langsam, ohrenbetäubend quietschend.

Wenn selbst im Bus fürs Autofahren geworben wird…

Die Züge sehen aus wie semi-moderne Regionalzüge. Der Schein trügt, denn sie imitierten Dampflocks auf dem 19. Jahrhundert: Sie tuten minutenlang, dass man es in ganz Berkeley hört und kriechen im Schneckentempo durch die Lande.

Schnellbahnen und ICEs wären ja mal ein Anfang. Aber bis die kommen, fahren hier die ersten selbstfahrenden Autos. Und dann kommen vielleicht die selbstfahrenden Busse und dann haben wir schon fast ein funktionierendes Nahverkehrsystem – ca. 2050!

Wenn das Leben dir Zitronen gibt…

… dann lebst du glückselig in Berkeley. Mit eigenem Zitronenbaum vor der Haustür. Mit Nachbarn, die noch mehr Zitronen haben. Und zwar das ganze Jahr über.

Zitronenlimonade und heiße Zitrone sind der beste Ersatz für die schweineteuren Säfte hier. Die Kinder bereiten sie inzwischen fachmännisch zu: Zitronen pressen, Zucker nach Belieben, etwas kochendes Wasser drüber gießen, damit sich der Zucker auflöst, mit kaltem Wasser aufgießen. UND natürlich Eiswürfel reinwerfen. Wir sind in Amerika.

1. Ernte von inzwischen 3!

Zu Erntehochzeiten hatten wir so viele Zitronen, dass wir sie beim besten Willen nicht austrinken können. Also kochten Toni und ich Lemoncurd/ Zitronenbutter. Oberlecker, einfach und mit Suchtpotential. Passt zu Bagels und Pfannkuchen und lässt sogar Toastbrot zum Geschmackserlebnis werden.

Aldi alternativ

Aldi heißt in Amerika Trader Joe’s (deshalb kommen bei Aldi auch alle amerikanischen Produkte von Trader Joe’s für 1/3 des amerikanischen Preises). Der Laden wirbt damit, lokal und ökologisch zu sein. Und hipp. Mit Altpapiertüten und Feinkostpreisen.

Letzte Woche flatterte die Werbung in unseren Briefkasten. Zunächst kaum als solche zu erkennen, weil im altertümlichen Zeitungsformat.

Schon der Untertitel ist nahezu religiös: Immer kostenlos, jeden Penny wert. Quasi wie Gnade.

Jedes beworbene Produkt ist Teil einer Geschichte, erzählt eine Geschichte und hat das Zeug dazu, deine individuelle Lebensgeschichte zu bereichern. Das ist die Strategie. Und sie geht auf. Ich las und las, bekam Lust auf Eis und Brezen und Wein. Zum Glück gibt’s auch eine Einkaufsliste zum Ankreuzen. Sehr praktisch.

Am Ende kaufte ich nichts davon, weil ich einfach so gut wie nie Shoppen gehe hier. Und wenn, dann strikt nach lebensnotwendigen Bedürfnissen. Aber irgendwann werde ich wohl bestimmt schwach. Das Werbeformat ist einfach zu gut. Ich freu mich schon auf die nächsten Geschichten.

Yoga im Garten, Kerzen auf der Treppe

Berkeley ist die Stadt der nachbarschaftlichen Vernetzung. Ob per „Nextdoor“ oder „Olio“-App oder auf der Facebookseite „Buy Nothing“, man hat das Gefühl, die Menschen breiteten ein großes Netz untereinander aus. Jedenfalls, solange man Internetzugang hat. Verschenkt oder verliehen wird alles Mögliche.

Vorletzte Woche z.B. schenkte mir jemand per App nagelneue Bluetooth-Kopfhörer. Sowas hatte ich noch nie. Weder mit noch ohne Bluetooth. Jetzt kann ich beim Zugfahren endlich Podcasts und Hörbücher hören, dank meiner Bibliothekskarte sogar kostenlos. (Nein, ich kann nicht einfach lesen in der Zeit. Ich muss nämlich zugleich mich und mein Rad festhalten.) Ein anderes Mal bekam ich eine Tüte mit Kerzen und Tee.

Manchmal treffe ich die Geberinnen, meist steht eine Tüte mit meinem Namen auf der Veranda oder im Vorgarten. Und da in Berkeley der Trend zum Ausmisten geht, verteilen die Leute Schätze ohne Ende. Für Theos Gabentisch brauchten wir lediglich ein Dinoskelettbastelset und ein Fahrrad (gebraucht) zu kaufen. Alles andere fand ich per App oder beim Vorbeifahren auf der Straße.

Letzte Woche wiederum erlebte ich meine erste Yogastunde (Mal abgesehen vom Schwangerschaftsyoga mit Wibi kurz vor Theos Geburt, bei dem ich nach wenigen Minuten Wibis Rückenmassage allen weiteren Übungen vorzog.) Bei Vogelgezwitscher lagen, standen, dehnten wir uns im Garten von Sher. Sie sei keine ausgebildete Lehrerin, aber praktiziere sowieso regelmäßig Yoga. Da bot sie einfach ihren Nachbarn an, mitzumachen. Die ganze Stunde war wie der Entspannungsteil nach getaner Arbeit beim Workout im Fitnessstudio in Hamburg. (Und das war der eigentliche Grund für meine Teilnahme).

Beim Yoga kann ich gleich mit dem Angenehmen beginnen. Die Gedanken kreisen lassen. Das Nachdenken sein lassen. Spüren. Beten. Sehen, wie fürchterlich steif ich bin. Und dann merken, dass mir das im Grunde genommen total egal ist. Beim nächsten Mal bin ich wieder dabei.

Theo, Held der Phrasen

Jeder lernt Sprachen auf seine eigene Weise. Das gilt anscheinend schon für Kinder.

Toni scheint eher der visuelle Typ zu sein. Am schnellsten lernt sie, was sie einmal geschrieben hat. Schreiben ist inzwischen zu ihrem Lieblingsfach in der Schule avanciert. In den Spielstunden schreibt sie freiwillig Texte ab. Auf diese Weise lernt sie peu a peu Schreiben, Lesen und Englisch. Jeden Tag 2-4, zum Teil selbst konstruierte, Sätze.

Was Toni nur hört, kommt teilweise in lustigen Variationen zu Hause an. „Mama, good leg!“, ruft sie und streichelt ihr Bein. Ich bin irritiert, erkläre, dass es „Good luck“ heißt. Wir diskutieren eine Weile, Toni bleibt stur und einigen uns schließlich darauf, dass beides geht. Eben in unterschiedlichen Situationen.

Theo hingegen ist eine wandelnde Phrasenbox. Er baut im Gegensatz zu seiner Schwester kaum eigenständig Sätze bisher. Aber er wirft mit Sätzen um sich, wann immer es geht. „I can fix that.“, sagt er ruhig während ich koche. Ich schaue ihn fragend an. „Weißt du, was das bedeutet?“ – Kopfschütteln. „Come on everybody, let’s go.“ „What are you doing/ making?“ „Line up.“ „It’s my turn.“ „Here we go.“ „Stay here.“ „You can do it. Way to go.“ Sein Kindergartenalltag spiegelt sich in der Sprache.

Nur einmal hat er uns explizit nach Vokabeln gefragt. „Mama, was heißt kneifen auf Englisch?“ – „Pinch“. „Und hauen und treten und beißen und schlagen und schubsen und spucken?“ – „Theo, wofür brauchst du all diese Worte?“ – „Na, ich muss doch genau sagen können, was passiert ist, wenn mich jemand ärgert.“ Stimmt.

Mama ante portas – Einkauf bei Berkeley Bowl

Einige Leute seien nur nach Berkeley gezogen wegen Berkeley Bowl, raunt man sich hier zu. Berkeley Bowl ist lokale Lebensmittelmarkt hier. Eine Mischung aus Bauernmarkt und Feinkost und damit der Inbegriff für Berkeley: Man isst lokal und regional und bio in höchster Qualität UND international UND gibt dafür Geld aus ohne Ende. So kann man seine Bodenständigkeit und Weltläufigkeit zugleich demonstrieren. Hier gibt es alles in allen Variationen: vegan, glutenfrei, laktosefrei, koscher, wenig halal.

Eigentlich betrat ich den Laden nur aus Interesse. Ich war mir sicher, er wäre sowieso viel zu teuer für uns. Ist er auch. Bis auf die Obst- und Gemüseabteilung. Die ist gigantisch und hat teilweise die besten Angebote! Für $30 kann ich hier Obst und Gemüse für 10 Tage einkaufen. Und das bei 4 verfressenen Mäulern. Einziges Problem ist der Transport. Oft sind meine Augen größer als meine Fahrradtaschen und außerdem sind die Äpfel und Melonen gerade so unverschämt günstig, ah und die Orangen auch, und, wow, 1kg Spargel für $3, da kann nicht nicht widerstehen. Morgen sind sie sicher weg, vielleicht schon in 2 Stunden. Mein Kaufrausch beginnt.

Im Obst-und-Gemüse-Himmel!

Neben den täglichen Angeboten gibt es eine besondere Ecke mit nicht mehr ganz frischem Obst und Gemüse. Da finden sich 3 Mangos für 99 Cent, eine duftende Honigmelone für 69 Cent, 2kg Bananen für 99 Cent. Mein Paradies. Weil mir ja Aussehen von Obst und Gemüse herzlich wurscht ist, solange es schmeckt. Also schnüffelte ich mich durch die Melonen und war so versunken, dass ich meinen Fanclub gar nicht bemerkte. Nachdem ich mich fachfrauisch entschieden hatte, bat mich plötzlich ein Mann, ihm bei der Wahl zu helfen. Danach noch eine Frau, dann noch ein Mann, dann ging ich schnell weiter. An der Kasse schließlich brachte mir der erste Mann eine Tüte mit Mangos, als Dank für meine Hilfe.

Das Beste am Laden sind aber die Kassierer. Sie kennen alle Preise. Auswendig. Letztes mal fasste ich mir ein Herz und fragte nach dem üblichen Smalltalk: „Wie machen sie das?“ Die Antwort: „Vor Schichtbeginn bekommen wir 15 Minuten dafür bezahlt, durch den Laden zu gehen und die Preise zu lernen.“

Letzte Woche musste ich mir aus einer Obstkiste eine Gepäckkiste bauen, um meine Schätze heimzubringen. Die Kiste war so sperrig und schwer, dass ich eine Dame um Hilfe bitten musste, nur um sie aufzuladen. Aber dann fand ich mich super clever, die Best-Deal-Shopping-Glückshormone ließen mich lächeln.

Bis ich plötzlich eine Gewichtsverlagerung bemerkte. Noch bevor ich reagieren konnte, krachte die ganze Last auf die Straße. Bevor ich auch nur an Schadensbegrenzung denken konnte, musste ich erstmal mein immer noch schwer mit Fahrradtaschen beladenes Rad abstellen. Ein Auto hielt dicht hinter mir, eine besorgte Dame fragte, ob ich Hilfe bräuchte. Kurz überlegte ich, sie zu bitten, mir meine Einkäufe heim zu fahren (es waren nur noch wenige Straßen). Dann siegte die Scham und ich lehnte dankend ab.

Um nur 1 Minute später zugeben zu müssen, dass ich hier allein nicht viel erreichen würde. Die Kiste war aufgeplatzt, ich konnte sie so unmöglich transportieren. Ein Bauarbeiter bat mir seine Hilfe an und diesmal nahm ich dankend an. Mit Gummibändern schnürte er mir die Kiste aufs Rad und langsam eiernd radelte ich heim. Die zuckersüßen Melonen waren das Drama definitiv wert.

Mama ante portas – Einkauf bei Costco

Seit kurzem sind wir stolze Mitglieder von Costco, dem amerikanischen Metro für alle. Für $60 im Jahr darf ich nun Großpackungen shoppen und Geld sparen. Mein Traum!

Ein Besuch bei Costco ist ein so amerikanisches Erlebnis, es sollte auf der „To-do-Liste“ aller Touristen stehen. Eine riesige Halle mit allem, was man zum Überleben in den USA braucht: Campingstühle und Grills, Pools und Matratzen, Betten und Waschmaschinen. Dazu marinierte Rippchen in 6kg-Packungen, 60 Eier gestapelt in 2 Etagen, Joghurt in Eimern, Reis und Mehl in 10kg Säcken. Und all unsere Drogen: Tonis und Theos Oreo-Cookies, Philipps Frühstücksbacon, meine 3kg Schokocappucino. 2 l Sahne kosten hier soviel wie sonst 1/2 Liter im normalen Supermark. (Was tun mit 2l Sahne? Flüssig und geschlagen einfrieren.)

Costco ist wie ein überdimensionaler Aldi von früher (bevor Aldi anfing, Lidl nachzuahmen): Alles gibt’s genau 1x. Keine mich grenzenlos überfordernde Produktauswahl.

Beim 1. Besuch brauchte ich 2 Stunden, um mich zurechtzufinden und alles in den Wagen zu hieven. Dann der peinlichste Moment meines Berkeley-Lebens: Ich stehe mit übervollem Wagen an der Kasse, alles wurde von 2 freundlichen Männern gescannt und gestapelt – und meine Visacard funktioniert nicht. War einfach nicht genügend Geld drauf.

Panisch rief ich Philipp an, in der Hoffnung auf ein technisches Wunder. Dann die Erkenntnis: In Deutschland war es nach 18.00, jegliche Transaktion würde erst in 14 Stunden stattfinden. „Gibt’s eine andere Zahlmöglichkeit?“ – „Ja, Samsung-Pay.“ Kurzes Aufatmen, dann 2. Erkenntnis: mein deutsches Samsunghandy unterstützt diese App nicht. Und ich dachte, Technik wäre international. Also sah ich das Unabänderliche ein und ließ den Wagen unter 1000 Entschuldigungen stehen. Erstaunlicherweise wurde kein einziger Mitarbeiter wütend auf mich oder machte mir Vorwürfe. Stattdessen versuchten sie, mich zu trösten: „Das passiert jedem irgendwann mal. Kein Problem. Wir sind hier, um ihnen zu helfen. Machen sie sich keine Vorwürfe.“

3 Tage später mein 2. Versuch. Innerhalb von 45 Minuten hatte ich alles eingekauft, die Karte funktionierte (diesmal hatte ich mehrere mit zur Sicherheit). Und die Kinder stürtzen sich auf das Grillhühnchen und die 3kg Weintrauben.

Zu Hause füllte ich unser geräumiges Gefrierfach bis auf den letzten Platz mit Käse, Fleisch, Fisch und Guacamole, Hummus und Butter. Was man nicht alles einfrieren kann! Und mein hortendes Vorratsherz schlägt höher beim Blick in den Kühlschrank.

Für die nächsten 3 Monate brauchen wir nur Obst und Gemüse, Milch und Eier nachzukaufen. Und dann darf ich wieder zu Costco!

Sonnenschein verpflichtet?!

Der Regen gönnt uns endlich eine Pause und mittags wird es inzwischen herrlich war. Toni (in Unterwäsche) und ich (im Spaghettitop) sitzen dann im Garten und essen Mittag, quatschen und genießen. So weit, so gut.

Problematisch sind für mich Tage wie heute. Tage, wie sie wohl die nächsten 6 Monate sein werden. Schon morgens scheint die Sonne, ab 10.00 verführerisch, ab 11.00 kann ich mich kaum noch drinnen halten. Ab 12.00 krampft sich mein Magen zusammen vor Unruhe. Ich kann doch bei solch schönem Wetter nicht drinnen hocken. Stubenhocker sein. Pfui!!

Sonnenbad im Garten auf den frisch geschrubbten Gartenstühlen.

Andererseits: Draußen kann ich nicht richtig arbeiten. Im Sonnenlicht sehe ich kaum meinen Bildschirm. Schreiben geht kaum, Lesen gar nicht. Einziger Trost: Die meisten Bücher kann man hier auch als Hörbuch ausleihen.

Heute früh am Schulbus eine typische interkontinentale Szene bei aufgehender Sonne und frühlingshaften Temperaturen nach Hamburger Maßstab.
Endlich bekam ich eine Erklärung für mein Sonnenleiden. Von einem norwegischen Vater (und Soziologieprofessor, der u.a. in Rostock geforscht hat, er muss es also wissen).

Ich: „Heute ist herrliches Wetter. Es ist richtig angenehm warm.“

Türkische Mutter (seit 10 Jahren in Berkeley): „Nein! Es ist kalt. So sollte es nicht sein.“

Norwegischer Vater: „Ja, es ist schön.“

Türkische Mutter: „Das ist der längste Winter, den ich in den 10 Jahren erlebt habe. Normalerweise haben wir ab Februar solche Temperaturen wie die letzten Tage.“

Ich: „Ach, naja, ich hab ein Problem mit zu gutem Wetter. Dann kann ich nicht arbeiten. Ich muss dann draußen sein.“

Norwegischer Vater: „Verstehe ich. Das ist das nordeuropäische Trauma. Sobald die Sonne scheint, jagen die Eltern ihre Kinder raus. Sonne tanken sagen sie. Vitamin D meinen sie. Es fühlt sich wie eine Sünde an, bei gutem Wetter im Haus zu bleiben. Das ist geradezu unmoralisch.“

Ich nicke zustimmend und fühle mich in meinem Innersten verstanden. So ist es! Jetzt muss ich nur noch eine Arbeitsüberlebensstrategie entwickeln für Kalifornien. Mit der Hand schreiben? Blind tippen? Sonnenschirm aufstellen?

In Griechenland hatte ich das Problem übrigens nicht. Da saß ich eh den ganzen Tag auf dem Balkon beim Lernen 🙂