Die Karwoche war diesmal wirklich eine stille Woche. Wir feierten einen wunderschoenen Abendmahlsgottesdienst via Zoom am Gruendonnerstag an unserem Kuechentisch. Zwei andere Gemeinden aus Fremont schalteten sich dazu.
Natuerlich musste Theo kurz vor Gottesdienstbeginn und vor laufender Kamera sein Saftglas umwerfen, aus Versehen. Kaputtes Glas, Scherben und Saft ueberall. Der Tisch klebte wie Hubatz.
Mama und Jannschi hattten kurze Duos eingespielt fuer meine Gottesdienste und Toni und Theo sassen andaechtig da, als die beiden auf unserem Bildschirm erschienen. Wenn schon alles online laeuft, geht das auch weltweit.
Wochenlang hatte ich mich mit der Frage beschaeftigt, ob und wie Abendmahl online gefeiert werden kann. Am Ende war es ganz einfach: Wir sprachen die Einsetzungsworte alle zusammen und „gingen“ dann in kleine Gruppen von ca. 5 Leuten. Jeder bekam individuell die Worte zugesprochen, wir assen und tranken, was wir zu Hause hatten. Saft, Wein und Brot. Es fuehlte sich 100% echt an, weil es 100% echt war. Alles war bereit: Die Elemente, die Worte, der Glaube, die Gemeinschaft.
Es war der erste Online-Gottesdienst, an dem beiden Kinder freiwillig teilgenommen haben. Denn sie lieben Abendmahl, dafuer hoeren sie sich auch meine Predigt an. Die Lieder moegen sie eh. Seit Gruendonnerstag groelen sie „GO down, Moses“, als waere es Kriegsgeschrei. Ist es ja irgendwie auch. Befreiungsgeschrei.
Karfreitag verschickte ich Hausandachten an alle. 3 Zoom-Gottesdienste in 1 Woche waren dann doch zu viel des Guten. Jeder Gottesdienst muss ja einzeln geprobt werden mit allen Beteiligten und Karfreitag ist ein stinknormaler Arbeitstag hier.
Stattdessen las ich mit den Kindern die Passionsgeschichte nach Johannes. Mittendrin stellte Toni fest: „Also sind die Juden die Boesen, weil sie Jesus kreuzigen wollten?“ Naja, wir hatten dann ein laengeres Gespraech ueber Macht und Religion und Boese und Gut. Aber es bewies mal wieder, wie wichtig es ist, nicht einfach nur die Bibel zu lesen, sondern auch Theologie zu treiben und Texte mit historischem Bewusstsein zu lesen. In jedem Alter. Danach fuhren wir an den Strand.
Als ich Ostersamstag meine Osterpredigt schrieb, war ich noch immer in Karfreitagstimmung. Ich hatte das Gefuehl, dass ich dieses Jahr einfach keine Auferstehungsfreude verspueren koennte, so eingeschlossen in unseren Haeusern. Staendig musste ich an den Osterspaziergang denken, an die Menschenmengen, die herausdringen dem hohlen finstern Tor. Und jeder sonnst sich so gern und feiert die Auferstehung des Herrn.
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus Strassen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Und wir, wir sitzen in unseren Haeusern und Gaerten und meiden Menschen. Das soll Ostern sein? Wenigstens scheint meistens die Sonne, danke, Kalifornien!
Und dann war Ostersonntag und ich wachte von allein um 7 Uhr auf. Obwohl ich erst 1 Uhr ins Bett gegangen war. Das ist mir seit Ewigkeiten nicht passiert und schon garn nicht, seit die Kinder nicht mehr zur Schule gehen. Ich erwachte und fuehlte mich von Kopf bis Fuss auf Ostern eingestellt. (Ausserdem fiel mir ein, dass „die Zahnfee“ Theo sein Buch nicht ins Bett gelegt hatte fuer den 2. Milchzahn. Also huschte ich auf Zehenspitzen ins Kinderzimmer, tauschte Zahn gegen Buch und war hellwach.)
Mein erster Gedanke: Der Herr ist auferstanden. Ich holte mir Kreide von Toni und lief vors Haus. Dort schrieb ich in bunten Buchstaben auf den Fussweg: Christ is risen! Wieder in der Kueche, steckte ich die Osternesthefezoepfe in den Ofen und kochte Kaffee und weiche Fruehstueckseier. Ja, es war Ostern. Und da ja gerade alles online laeuft, konnte ich mir Tines Ostergottesdienst aus Heilbronn anhoeren und aus vollem Herzen mitsingen mit Theo auf dem Schoss. Schoener haette ich es mir in dem Moment nicht vorstellen koennen.
Die Osterfreude kam unangekuendigt. Ich musste nichts dafuer tun. Sie war einfach da. Wie es eben mit der Gnade Gottes so ist. Das predige ich staendig. Aber als ich so hautnah erlebte, ueberraschte es mich doch. Dass Christus nicht auferstanden ist, weil wir mit unseren Ostervorbereitungen fertig sind. Sondern, dass Christus einfach so auferstanden ist entgegen aller Erwartungen.
Fuer den Gottesdienst probten wir einen kleinen Sprechchor.
Ich: Christ is risen.
Toni: He is risen indeed.
Theo: Halleluja!
Die Kinder bruellten es wie einen Befreiungsschrei! Also wie es gemeint ist. Denn: Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!