„Ich bin Pastorin.“ Die Reaktionen auf meinen Beruf waren ja schon immer spannend. Von „Oh“ (echt???) zu „Oh“ (coooool!!) zu „Oh“ (Hilfe!). Neu ist hier das „Oh“ (Und was soll das jetzt heißen? Hat die überhaupt studiert? Kann die was?).
Pastor kann in den USA so ziemlich jeder werden. Er braucht nur eine Kirche oder gründet einfach eine, nennt sich Pastor. Fertig. Ein Studium ist nicht zwingend erforderlich. Schon gar keine 6 Jahre Uni plus 2 1/2 Jahre Vikariat. Um hier lutherischer Pastor zu werden, muss man: 1. einer lutherischen Kirche angehören. 2. ein zweijähriges lutherisches Seminar besuchen und 3. ein Jahr Vikariat absolvieren. Ziemlich überschaubar. Gelernt wird nur das, was man fürs Pfarrleben unbedingt wissen sollte. (Und vermutlich nur das, was wir deutschen Volltheologen einige Jahre nach unserem Examen nicht wieder vergessen haben.)
„Ich bin ordinierte Pastorin.“ Ok, das macht es nicht besser. Denn ordiniert werden kann hier jeder. Innerhalb von wenigen Klicks. Die „Church of Life“ bietet das z.B. online an. Preis fürs Ordinationsgesamtpaket: $29. Der Andrang ist gewaltig. Denn wer „ordiniert“ ist, darf in den USA Menschen verheiraten. Ganz legal, mit allen rechtlichen Konsequenzen.
Eine Bekannte erzählte, sie habe ihre Freunde auf diese Weise getraut. „Ich war mir sicher, dass das nicht funktionieren kann.“, erzählte sie lachend. „Aber am Ende waren die beiden wirklich verheiratet und ich hatte alle Urkunden im Namen des Staates und der „Church of Life“ unterschrieben.“ Sie ist ja offiziell ein „ordained minister“, obgleich Jüdin. Hier geht alles.
Eine dänische Mitsängerin in meinem Chor ist ebenfalls Ordinierte der „Church of Life“. Um in den USA den Job des Standesbeamten machen zu dürfen, braucht man offensichtlich kein Staatsbürger zu sein. Ordiniert reicht.
Der historische Hintergrund: Während des Vietnamkriegs war es für ordinierte Soldaten weniger gefährlich. Als „Feldgeistliche“ wurden sie seltener an die Front geschickt. Daraufhin entstanden alle möglichen Minikirchen mit einer Vielzahl an Pastoren. Ordination als Lebensretter.
Und ich frage mich, was gewesen wäre, wenn es am Ende nur noch Soldatenpastoren gegeben hätte. Wäre der Krieg schneller vorbei gewesen? Unblutiger? Kann eine Pro-Forma-Ordination einen Sinneswandel bewirken? Wäre die Welt besser, wenn alle ordiniert wären? Fragen über Fragen.
Gefragt, was ich mache, antworte ich inzwischen: Ich bin lutherische Pastorin mit einem PhD in „Religious Studies“. Seriöser wird’s nicht.