Junior Ranger

Die meisten Nationalparks bieten ein kostenloses Kinderprogramm an. Es heißt „Junior Ranger“ („Junior Förster“) und lehrt die Kinder, wie sie die Natur erhalten können. Beim Besucherzentrum bekommt jedes Kind ein buntes Arbeitsheft. Weil das für bis zu 6-Jährige „Babyeierkram“ war laut T&T, widmeten sie sich dem für 7-9-Jährige… Das muss abgearbeitet werden. Darin sind Themen wie:

Welche Ausrüstung brauche ich zum Wandern? U.a. Kompass, Taschenlampe und Wanderkarte. Hatten wir natürlich alles nicht.

Wie kann ich „grün“ leben? Z.B. Radfahren und Wäsche draußen trocknen. Yeah, wir sind dabei!

Fußspuren müssen zugeordnet werden, Steine beschrieben, Insekten gemalt oder Nadelbäume identifiziert werden. Da hab ich viel gelernt. Die Kinder bestimmt auch.

Freudestrahlend wollten wir das Buch abgeben und das Abzeichen abholen. Aber nein. Das war nur eine von 5 Voraussetzungen. Also mussten die Kinder noch eine Wanderung beschreiben. Das Museumsrätsel lösen. 3 neugelernte Fakten nennen (keinen Müll hinwerfen und allen Müll aufheben, keinen wilden Tieren nähern, nicht zündeln – alles höchst verführerisch). Zu guter Letzt mussten wir uns den 30-minütigen Museumsfilm über Vulkane anschauen (cool!) und danach einer Rangerin erzählen, was gelernt wurde (schwer, weil es ein wissenschaftlicher Film auf Englisch war. Aber die Kinder haben es geschafft.) Theo erzählte, dass der Lassen in 2 Jahren 4x ausgebrochen ist. Toni erinnerte sich daran, dass sich die Berge ständig verändern aufgrund von Erosion. (Theo: Erosion? Kenn ich aus der Kita.)

Und dann wurde es richtig amerikanisch. Beide Kinder bekamen echte Ranger-Hüte aufgesetzt (Bild davon gibt’s leider nicht) und gingen mit der Rangerin raus. Dort stellte sie sich vor die beiden.

„Erhebt jetzt eure rechte Hand und schwört indem ihr mir nachsprecht.“ Und dann sprach sie vor: „Ich verspreche, dabei zu helfen, den Lassen Nationalpark zu pflegen und zu schützen, sowie alle Nationalparks. Ich verspreche auch, die Natur weiterhin zu erforschen, über sie zu lernen und sie zu schützen, wo immer ich in der Welt gehe.“

Theo gab bei der Hälfte auf, Toni wiederholte stoisch alles. Beide hatten keine Ahnung, was sie da sagten. Haben es ihnen danach übersetzt. Als Theo zwischendurch seine rechte zum Schwur erhobene Hand runternehmen wollte, machte die Rangerin eine kurze Pause. Das war ein absolutes No-Go. Und Theo hob die Hand ergeben wieder.

Wichtig fühlten sich beide. Und stolz wie Bolle.

Dem Teufel auf der Spur

„Bumpass Hell“ heißt ein Bereich im Lassen Volcanic Park. Also „Buckel Arsch/ Dummkopf Hölle“. Für die Kinder und mich eine klare Sache. Hier wohnt der Teufel höchstpersönlich. Auf dem Hinweg erzählte ich also den Kindern alles, was die biblischen Geschichten über den Teufel so hergeben. Und auf dem Rückweg nochmal, weil T&T alles so spannend fanden.

Was den Wanderweg so besonders macht (mal abgesehen von meinen Geschichten): Man läuft auf 5km durch unterschiedlichste Flora und Fauna. Durch herrliche Wälder, vorbei an blubbernden Seen, durch üppig blühende Alpenwiesen, karge Wälder. Und ist dann schließlich auf dem Mond gefühlt. Weißer Stein blendet die Augen. Es stinkt nach faulen Eiern. Die Erde blubbert. Hier den Weg zu verlassen, kann zu lebensgefährlichen Verbrennungen führen. Haben natürlich trotzdem Touris gesehen, die das Wagnis eingegangen sind…

Ich war ehrlich schwer beeindruckt. Sowas hab ich noch nie zuvor gesehen. Dass es kochend heiß aus der Erde blubbert und spritzt. Dass die Erde zeigt, wie viel Kraft und Energie in ihr steckt. Eine Stunde lang starrte ich einfach nur auf die Schlammlöcher. Ist mir völlig verständlich, dass sich Menschen so die Hölle ausgemalt haben. Wo das Bekannte plötzlich unter dir zusammenbricht und dich in die Tiefe zieht. Wo der Gestank dich schwindelig werden lässt. Und wo das grelle Licht erst Augenschmerzen verursacht und dann Kopfschmerzen.

T&T waren so begeistert, dass sie keinerlei Müdigkeit auf dem Rückweg verspürten. Stattdessen rannten sie die letzten 3km und sprangen mit ihrem Papa um die Wette. Wir fragen uns langsam, was wir tun müssen, um die beiden mal so richtig körperlich auszupowern. Läppische 10km Wanderung reichen offensichtlich nicht.

Geheimtipp: Lassen Volcanic National Park

Nach unserem eher stressigen Besuch des Yosemite Parks, sollte es diesmal ein nicht so überlaufener Nationalpark sein. Im Norden Kaliforniens liegt der Lassen Volcanic Park, ca. 4-5h von uns entfernt, also quasi um die Ecke.

Es ist ein Park der Vulkane. Wie aktiv sie sind weiß niemand so genau. Die letzten Ausbrüche gab es 1917. Auf Fotos festgehalten. Aber es wird fleißig überall gemessen. Irgendwie beruhigend.

Der Park bot uns alles, was wir im Urlaub suchten: einen wunderschönen Campingplatz im Wald direkt neben einem flachen, warmen Badesee. Kinderfreundliche Wanderwege zu spektakulären Zielen. Parkplätze wann und wo immer wir wollten! Dazu traumhafte Aussichten, Gletscher, Wasserfälle und Schwefellöcher. Einfach grandios. Statt 2 Nächte blieben wir 4.

Gleich am 1. Tag nahmen wir uns die Besteigung des Lassen Gipfels vor. 3,187 m hoch ist er. Auf amerikanisch klingt es noch etwas überragender: 10,463 feet. Der Wanderweg ist zwar für eine Strecke nur 2,5 Meilen lang. Aber ordentlich steil. Und war die ganze Zeit. Theo und Toni haben den Berg bezwungen. Als jüngste Bergsteiger an dem Tag. Begleitet von viel Lob. Motiviert mit viiielen Gummibärchen (noch von Großmama).

Zufällig hatte ein auftreibender Wind gerade an dem Tag Millionen von Schmetterlingen zum Gipfel getrieben. So liefen wir durch flatternde Schwärme. Mit geschlossenem Mund versteht sich. Oben angekommen hatten die Kinder eine Mission: unterkühlte Schmetterlinge vor dem Tod durch Erfrieren zu retten. Landen die Schmetterlinge nämlich auf dem Gletscher und verweilen zu lange, werden die wechselwarmen Tiere träge und frieren schließlich fest. Ca. 100 Tiere wurden durch das T&T Team erfolgreich reanimiert. Wer danach wieder aufs Eis zurück flog, wurde gehörig ausgeschimpft. Und wieder gerettet. Wie sich das gehört.

1. Schultag ohne Tamtam

Nun haben wir 2 Schulkinder! Das heißt: frühes Aufstehen für alle. Theo aus dem Bett jagen während Toni schon frühstückt. Mit beiden zum Bus rennen (die Fahrradsatteloption ist nun vorbei, passen ja nicht beide drauf).

Der 1. Schultag ist hier wirklich unspektakulär. Eltern bringen ihre Kinder zur Schule, wer will, darf die ersten 20 Minuten mit ins Klassenzimmer. Das war’s. Keine Reden, keine Zeremonie und vor allem: KEINE SCHULTÜTEN! Jedenfalls für die amerikanischen Kinder. Toni und Theo bekamen ihre selbstredend. Und das andere österreichisch-amerikanische Mädchen in Theos Parallelklasse auch. Schön gleich mal auffallen am 1. Schultag. Toni fand’s oberpeinlich. Zitat: „Du kannst die ja reintragen.“ Hab ich natürlich nicht gemacht, sondern lediglich mit der Lehrerin gesprochen, die sofort in Begeisterungsstürme verfiel. Das half. Theo trug’s mit Fassung. Dank selbstgebastelter Minion-Schultüte von Papa mit 2kg Zuckerzeug war das auch gut zu machen.

Darauf habe ich nämlich bestanden: Dass sie ihre Schultüten mitnehmen und wir die obligatorischen Fotos machen. Auch von Toni. Da sie ja an irgendeinem Tag im Januar mit der Schule begann, hatten wir das noch gar nicht richtig zelebriert.

Weil es hier keine Schultüten gibt, kann man sie auch nicht kaufen. Jedenfalls keine richtig großen. Für Toni „erbten“ wir eine von einer anderen deutschen Familie. Für Theo zerschnitt Philipp sein Konferenz-Poster. Das war wenigstens stabil und groß genug. Den natürlich maximal deutschen, pädagogisch wertvollen, für beide exakt gleichen Inhalt ersetzten wir nach dem Frühstück durch Süßigkeiten für alle. Die durften sie dann am Ende des Schultages an ihre Klassenkameraden verteilen.

Am Wochenende vor dem großen Tag begann meine Partylaune zu steigen. Also lud ich 20 Kinder und ihre Eltern zu einer „Einschulungsfeier“ am Nachmittag auf dem Spielplatz ein. Danach fiel mir ein, dass ich die nun auch vorbereiten müsse. Tja. Also ließ ich mich von deutschen Supermamas inspirieren und buk eine Buttercremetorte in Schultütenform. Das war jedenfalls die Idee. Rausgekommen ist ein oberleckeres Etwas in Ballonform mit Nippeln, respektive Zuckeraugen. Um den Effekt zu mindern, warf ich noch ein paar Gummibärchen dazwischen. Zum Glück waren die Kinder klein genug, um keine merkwürdigen Assoziationen zu haben.

Einmal auf YouTube und Pinterest unterwegs, ging es gleich weiter. Aus Eiswaffeln Schokomuffintüten backen. Check. 20 kleine Papierschultüten basteln und befüllen. Check. Ein Dollar Laden macht’s möglich.

Ergebnis: Die Kinder sind eingeschult. Beweisfotos gibt es auch. Party war schön. Hat also für die deutschen Kindheitserinnerungen nichts gefehlt. Puh.

Aber, ganz ehrlich: Ich hätte eine kleine Einschulungszeremonie wirklich gebrauchen können. So als Mutter. Für den leichteren Übergang. Ist doch irgendwie komisch, wenn plötzlich beide Kinder „groß“ sind. Zum Glück hatten wir am Sonntag danach einen „Back to school“ Gottesdienst in meiner Gemeinde mit einer Segnung der Kinder. Das hat auf jeden Fall ein bisschen geholfen.

Bodie: Ghost City

Auf Google maps sah es nah aus vom Zeltplatz bis zum Freilichtmuseum. In Echt entpuppte es sich als Passstraße auf bis zu 3.000 Höhe. Vorbei an alpinen Wiesen, abgebrannten Wäldern, abgeholzten Wäldern, kargem Grasland, reißenden Strömen. Zwei Stunden lang tuckerten wir die Serpentinen entlang.

„Wie lange noch“, schrie es ungeduldig aus den hinteren Reihen des Autos. „Gleich da!“, beruhigte ich die Kinder. Von der Entfernung her stimmte es. Leider handelte es sich um eine 5km lange, unbefestigte Sandstraße mit tiefen Schlaglöchern und Rillen. Ein wahres Geduldsfahren begann für mich am Steuer. Schließlich wollten wir keine Achsen brechen.

Es hat sich gelohnt. Bodie empfing uns gut gelaunt, nicht zu heiß, nicht zu kalt. Das ist hier quasi ein Wunder. Denn Bodie brät seine Besucher im Sommer gern mal bei 40 Grad und lässt sie im Winter bei minus 35 Grad erzittern.

So erging es auch den Goldsuchern um 1870. Damals herrschte hier reges Treiben. Minenarbeiter lebten hier mit ihren Familien, Kinder gingen in die Schule, Männer soffen und verspielten ihren Lohn, Frauen prostituierten sich. Einen Sheriff brauchte man nicht. Streit wurde direkt mit der Waffe „geklärt“.

Der methodistische Pastor schrieb an seine Landeskirche: „Hier gibt es meistens schon die 1. Leiche vor dem Frühstück.“ Die Männer von Bodie galten als streitsüchtig und hitzköpfig und liebten überdies den Alkohol. Entsprechend absurde Schießereien lieferten sie sich. Von einer wird berichtet: 2 Männer standen in Armlänge voneinander entfernt. Jeder schoss 8 Kugeln auf den anderen. Nur eine traf in die Herzgegend.

Es waren Verheißungen wie Bodie, die tausende Menschen nach Kalifornien zog. Verheißungen von Reichtum, die für die meisten in harter körperlicher Arbeit in der Einöde endete. Nach Bodie kommt man heute noch schlecht. Keine größere Stadt weit und breit. Stattdessen Berge und Wälder, soweit das Auge reicht. Es muss damals nicht besser gewesen sein.

Während einige der Minen Gold im Millionenwert förderten, machten kleinere Unternehmen vor allem Miese. So investierten Aktionäre $110.000 in eine Anlage, die am Ende nur $20.000 erzielte.