In Berkeley ist das eine rhetorische Frage. Wenn hier Trump-Liebhaber leben, dann verstecken sie sich gut. In den S-Bahn-Stationen hängen riesige Annoncen mit Sätzen wie: „Wir haben Trump schon mehr als 100x angeklagt, weil unsere Erde einen guten Anwalt braucht.“ In jedem 5. Fenster hängen Plakate mit „Berkeley stands united“ oder „Black lives matter“. Ich hatte bisher noch keinen Smalltalk, in dem mein Gesprächspartner nicht in den ersten 5 Minuten seine negative Meinung über Trump kundgetan hat. Oder, wie mein Nachbar gestern: „Es ist unglaublich. Jeden Tag denke ich, Trump ist eine Comicfigur und der Spuk entpuppt sich als witziges Buch.“
Anfangs dachte ich, aus der Anti-Trump-Meinung liberale, eventuell sogar soziale Ansichten ableiten zu können. Aber weit gefehlt.
Eine Dame beklagte sich über den katastrophalen Zustand der US-Regierung, verglich Trump gar mit Hitler. Um mir danach mitzuteilen: „Deutschland gibt es ja gar nicht mehr.“ Ich war zu verblüfft, um zu kontern, fragte nur nach, was sie meine? „So viele Muslime wie da leben, das ist kein Deutschland mehr. Und die integrieren sich nicht.“ Meine statistischen Argumente und eigenen Erfahrungen ließ nicht gelten. „Ich habe Familie dort. Die berichten mir, wie es ist. Ich weiß Bescheid.“ Aha. Am meisten ärgtere sie, dass die Muslime ihre Traditionen und Religion beibehalten wollen. Da hätte ich beinah laut losgelacht: Denn wir unterhielten uns mitten in San Francisco auf Deutsch bei Gugelhupf und Quarkkuchen.
Ein Missionar in Berkeley erzählte mir von der Liebe Gottes zu den Menschen und der Dummheit Trumps. Da waren wir uns noch einig. Dann meckerte er über die südamerikanischen illegalen Einwanderer. Ich konnte das Problem immerhin nachvollziehen. Schließlich wütete er über Merkels Flüchtlingspolitik. Das einzig Gute daran sei, dass die Muslime nun in Europa lebten und wir sie missionieren könnten. Und am Ende seines Rundumschlags wetterte er gegen die Demokraten in den USA. Sie würden immer „sozialistischer“. So, wie er das aussprach, war es das reinste Schimpfwort. Explizit meinte er sozialstaatliche Ideen wie eine allgemeine Krankenversicherung und eine Art Sozialhilfe. Und ich fragte mich: Welchen Teil von „die Armen sollen frei werden und die Kranken gesund und die Zerbrochenen frei und heil“ hat er in der Bibel überlesen? Zumal einem die Folgen einer solchen Politik hier täglich erschütternd vor Augen stehen.