Nun bin ich was wert, denn die nehm’n ja nicht jeden.

Und dann kam der 22. September. Der Tag, auf den wir seit Monaten hingearbeitet und gefiebert hatten. Zuletzt dann auch gebibbert.

Eine meiner groessten Sorgen war mein Make-up. Nicht (nur) aus Eitelkeit. Sondern weil wir spaetestens seit Trump alle wissen, wie orange man bei HD Qualitaet im Fernsehen wirken kann. Bei der Gelegenheit holte ich mir Tipps von anderen Frauen und lernte: die Foundation sollte etwas heller sein als der eigene Hauttyp. (Gut, dass ich den richtigen Ton auf der Strasse gefunden hatte.) Puder sollte ebenfalls hell sein und sparsam aufgetragen werden. Ein etwas dunklerer Lidschatten im selben Farbspektrum betont die Augen auf natuerliche Weise. Und am Ende alles mit Make-up Spray befestigen, damit es nicht unter der Hitze der Scheinwerfer zerlaeuft. Hab es genauso gemacht und war zufrieden mit dem Ergebnis offline und online.

Ansonsten stehe ich seit einigen Tagen unter Schock. Genauer, seit ich mir den Gottesdienst mit Freunden in der ZDF Mediathek angesehen habe. So wirke ich also als Pastorin. Aha. Daran muss ich mich erstmal gewoehnen. Meine selbstverschriebene Therapie lautet: den Beitrag immer wieder gucken. Denn beim ersten Mal hielt ich kaum meine eigene Stimme aus, an Hinschauen war deshalb kaum zu denken. Dass wir dabei Pizza futterten und Bier tranken machte die ganze Situation noch absurder. Von weitem ist ein Gottesdienst schon eine fremde Welt.

Klassischer Fall von Perspektivwechsel, ich weiss. Meine Innenperspektive wurde um die Aussenperspektive erweitert. Um eine mir bis dato fremde Tia. Meine erste Reaktion war: „O je, ich seh aus wie ne echte Pastorin.“ Bin ich ja auch. Meine zweite: „Hilfe, bin ich pastoral.“ Ok, es waren auch 4 Kameras auf mich gerichtet, da war ich definitiv weniger locker als sonst. Aber trotzdem. Ein heilsamer Schock. Danke, ZDF!

Der Gottesdienst selbst machte Spass. Die Kirche war gefuellt wie sonst zu Ostern und Weihnachten. Viele unserer Familien waren da und mutig genug, ihre Kinder mitzubringen. Im Gegensatz zu Philipp und mir. Nicht, weil ich Angst hatte, dass sich Toni und Theo nicht benehmen koennten. Sondern aus Sorge, dass ich aus meiner pastoralen Rolle fallen wuerde, wenn ich die beiden sehe. Nun hab ich ihnen den Weg zum Fernsehruhm vorerst verbaut. Arme Pastorenkinder.

Ein Hingucker auch der Chor des Oakland Turnvereins. Damen und Herren in Tracht fuellten einige Kirchenreihen. (Der Deal lautete: Ihr kommt, dafuer duerft ihr NACH dem Gottesdienst noch fuer uns alle singen.) Falls unsere deutschen Zuschauer jetzt glauben, unsere Gemeindeglieder kaemen immer so in die Kirche. Dem ist nicht so. Sie haben sich extra schick gemacht fuers Fernsehen.

Der Gottesdienst lief super, keine groesseren Fehler, keine lustigen Versprecher. Dafuer gab es technische Schwierigkeiten. Direkt nach dem Schlussakkord rannte der Aufnahmeleiter nach vorn und sagte: „Danke! Wir muessen zwei Szenen nochmal nachdrehen. Das (ewig lange 3-strophige) Abschlusslied (bei dem Kerstin und ich mit Blick zur Gemeinde singen und schunkeln sollten) und ein kleines Zwischenspiel.“ Also nochmal 4 Minuten singen und bewegen mit fettem Grinsen im Gesicht vor Erleichterung. Damit die Kameras all die suessen Kinder filmen konnten. Und eines unserer Gemeindeglieder, die offensichtlich eine Geschichte im Show-Business hat. Ca. bei Minute 43 schaut sie in die Kamera und blinzelt dann cool und verschwoererisch. Fuer mich ist sie der Star des Tages.

Und hier ist der Link zum Gottesdienst: https://rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-tv/zdf-gottesdienst/du-erforschst-mich-und-kennst-mich-10573

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert