Sonntagnachmittag auf dem Spielplatz. Theo hat einen Jungen entdeckt, der zwei Flitzebögen besitzt. Natürlich ganz sicher, ohne Spitzen und Kanten. Safety first. Nach wenigen Minuten jagen Theo und Toni den Jungen umher, Philipp ist begeistert dabei. Also können wir Mütter quatschen.
Ich treffe auf eine weitgereiste, hervorragend ausgebildete, alleinerziehende Mutter. Sie hat in Deutschland und Neuseeland gelebt, ein hohes Einkommen, kann ihrem Sohn alles bieten. Aber sie kann nichts sparen. „Meine monatlichen Ausgaben belaufen sich auf $9000“, erzählt sie. Ich glaube es ihr sofort.
Was sie, die in Berkeley geboren ist, noch mehr stört, ist das System. Es gibt hier alles, wenn du dafür bezahlen kannst. Sie kann es. Sie will nicht, dass ihr Sohn dieses Wertesystem lernt.
Also hat sie beschlossen, nach Italien auszuwandern. Der Vater ihres 6-jährigen Sohnes ist Italiener. Der Kleine kann also die Staatsbürgerschaft beantragen. Italien ist ihre Eintrittskarte nach Europa. Langfristig will sie nach Dänemark ziehen.
„Warum?“, frage ich erstaunt. „Kennst du da jemanden? Sprichst du Dänisch?“
Nichts davon ist der Fall. Sie hat strategisch gesucht. Nach einem Land, das zwei Kriterien erfüllt: 1) Die beste Vorsorge für den Klimawandel. 2) Ein gutes Gesundheitssystem. Dänemark landete auf Platz 1. (Ich habe ihr natürlich aus reinem Patriotismus Deutschland empfohlen, sie will es sich mal angucken.)
Gesundheitssystemsmigration: Versteh ich sofort. Ich bete hier jeden Tag, dass keiner von uns ernsthaft krank wird. Und wenn, dann sitz ich im nächsten Flieger nach Hause.
Klimawandelmigration: Kannte ich bisher nur aus krisengeschüttelten, Missernten geplagten Ländern. Und eigentlich wollen doch alle hierher, weil das Wetter so schön ist? Sie erläutert: „Ich habe Asthma. Während der letzten Waldbrände konnte ich tagelang nicht das Haus verlassen. Bekam drinnen kaum Luft. (Kein Wunder bei den zugigen Holzhäusern.) Wir leben hier, als ob es kein Morgen gäbe. Ich will das nicht mehr.“
Fachkräfte, die aus Amerika nach Europa auswandern! Gab es das schon mal? Jetzt ist es anscheinend soweit. Take that, Trump!