Ich mache eine Fortbildung in Krankenhausseelsorge. Mit dem Auto ist das Krankenhaus 45-60 Minuten entfernt, je nach Verkehrslage. Mit Öffentlichen brauche ich sage und schreibe 3 Stunden und 15 Minuten.
Also machte ich mich an einem sonnigen Mittwoch auf den Weg. 15.00 begann der Kurs, 14.30 sollte ich da sein. 10.45 Uhr verließ ich die Wohnung. Nicht wissend, ob ich nachts überhaupt noch zurück käme.
3 Stationen mit der S-Bahn sagte Google Maps, dann umsteigen in R-Nord. Ich dachte, das sei ein Zug. Stellte sich aber als Bus heraus. Niemand, nicht mal der Busfahrer konnte jedoch mit dem Namen was anfangen. R steht für Rote Linie, lernte ich nach 1,5 Stunden. Die kennt jeder.
Ich stieg also in einen Bus, der in die richtige Richtung ging Wie weit er fahre, wisse er noch nicht, sagt der Busfahrer. Ein Passagier hinter mir erklärte mir, wo ich aussteigen solle (nicht, was mir Google Maps vorgeschlagen hatte). Schnell kamen wir miteinander ins Gespräch. Denn wir alle teilten eine Grunderfahrung: Leben ohne Auto in den USA. Das schweißt zusammen. Wir unterhielten uns über schlechte Verbindungen, teure Lebensmittel, nette Nachbarn, die uns mit zum Costco zum Großeinkauf nehmen und Freunde, die uns mal ihr Auto leihen. Außer mir waren alle anderen schwarz.
Ein Mann erzählte mir von seinem schlechtesten Deal. Er habe einen Wagen für $500 gekauft, ihn aufgemotzt, sei ihn gefahren. Dann wollte er ihn einem Freund für $900 verkaufen. Aber sein Sohn bat ihn, er möge ihm das Auto geben. Er habe zwar nur $200, aber er brauche dringend einen Wagen. Der Vater gab nach. 2 Wochen später sah er seinen Sohn aus einem Bus steigen. „Was ist mit deinem Auto?“ – „Ich habe es für $1000 verkauft.“ – „Da“, sagt der Mann, „hätte ich meinen Sohn umbringen können. Obwohl er mein Lieblingssohn ist. Er ist ja auch mein einziger Sohn.“
Er gab mir noch wertvolle Tipps zum Gebrauchtwagenkauf: Toyota, Honda, Nissan, Volkswagen, das seien gute Wagen. Und auf jeden Fall meinen Mann hinschicken. Frauen würden abgezockt. Hab ich inzwischen schon so oft gehört, dass ich es glaube.
Nach knapp 2 Stunden war ich in Fairfield. Und kam mir vor wie in einem anderen Land. Weit und breit nur riesige Straßen, riesige Einkaufscenter, riesige Kirchen, kaum Leute. 50 Minuten musste ich auf meinen Anschlussbus warten. Also betrat ich das 1. Mal in meinem Leben einen Walmart. Was soll ich sagen? Riesig. Günstig. Gute Auswahl. Wüsste ich nicht, dass die Mitarbeiter katastrophal behandelt werden, wäre das eine tolle Einkaufsgelegenheit. (Eine Donut-Kalorienbombe musste ich mir trotzdem gönnen für 58 Cent. Dafür kriegt man sonst – nichts.)