Seit Anfang März bin ich Pastorin einer richtig amerikanischen Gemeinde. Yeah! Endlich nicht nur ordiniert, sondern wirklich Chefin! (So wie man halt Chefin ist in einer demokratisch geführten Institution.) Ich arbeite 100%, bekomme 88% Gehalt und 10 Wochen Urlaub im Jahr (statt der hier üblichen 4). Dazu einen neuen Laptop und 4 Wochen Fortbildung. Also ein super Deal für alle Beteiligten.
Meine neue Gemeinde heisst Christ the King und liegt in Fremont. Das ist ca 50km entfernt von Berkeley. Also eine normale Pendelentfernung in der Bay Area. Ich kann S-Bahn fahren (und 50 min arbeiten) oder mich in den Stau stellen für 90 Minuten… Ratet, was ich mache.
Fremont ist eine Stadt, die im Vergleich zu Berkeley mega stereoty amerikanisch ist. Breite, mindestens 4-spurige Strassen durchziehen die Wohngegenden. Eine Fussgängerzone hab ich noch nicht entdeckt. Dafür aber schon mindestens drei Malls. Einkaufszenter, die alle gleich aussehen, sodass man sich auf dem Parkplatz verfährt. Verlaufen wäre schlimmer bei den Entfernungen, aber es läuft ja kaum wer. Jedenfalls nicht weiter als 100m, danach wird das Auto umgeparkt. Dass ich mehr Bahn als Auto fahren würde war für manche Gemeindeglieder eine grössere Herausforderung, als mein Immigrationsstatus.
Ca. 40-60 Leute kommen am Sonntag in den Gottesdienst. 120 Gemeindeglieder sind es offiziell. Für die Bay Area ist das eine mittelgrosse, gesunde Anzahl. Die meisten sind über 65. Aber da 70 das neue 50 ist, sind sie meisten super fit.
Nach meinem 1. Gottesdienst, gab es ein unfassbar leckeres, deutsches Buffet. Mit allem, was das Herz begehrt: Sauerkraut und Rouladen, Kartoffelsalat und Currywurst, selbst gebackene Schwarzwälder Kirschtorte und echtes Münchener Bier. Für die Kinder hatte die Gemeinde Kinderschokolade, Duplos und Hanutas aufgetrieben. Dazu süsse „Pastorinnen“: kleine Lebkuchenmännchen mit weisser Halskrause Hamburger Art. Sieht aus, als ob sich das Männchen, respektive die Pastorin, einen Strick genommen hätte. Aber davon bin ich weit entfernt.