Mama ante portas – Einkauf bei Berkeley Bowl

Einige Leute seien nur nach Berkeley gezogen wegen Berkeley Bowl, raunt man sich hier zu. Berkeley Bowl ist lokale Lebensmittelmarkt hier. Eine Mischung aus Bauernmarkt und Feinkost und damit der Inbegriff für Berkeley: Man isst lokal und regional und bio in höchster Qualität UND international UND gibt dafür Geld aus ohne Ende. So kann man seine Bodenständigkeit und Weltläufigkeit zugleich demonstrieren. Hier gibt es alles in allen Variationen: vegan, glutenfrei, laktosefrei, koscher, wenig halal.

Eigentlich betrat ich den Laden nur aus Interesse. Ich war mir sicher, er wäre sowieso viel zu teuer für uns. Ist er auch. Bis auf die Obst- und Gemüseabteilung. Die ist gigantisch und hat teilweise die besten Angebote! Für $30 kann ich hier Obst und Gemüse für 10 Tage einkaufen. Und das bei 4 verfressenen Mäulern. Einziges Problem ist der Transport. Oft sind meine Augen größer als meine Fahrradtaschen und außerdem sind die Äpfel und Melonen gerade so unverschämt günstig, ah und die Orangen auch, und, wow, 1kg Spargel für $3, da kann nicht nicht widerstehen. Morgen sind sie sicher weg, vielleicht schon in 2 Stunden. Mein Kaufrausch beginnt.

Im Obst-und-Gemüse-Himmel!

Neben den täglichen Angeboten gibt es eine besondere Ecke mit nicht mehr ganz frischem Obst und Gemüse. Da finden sich 3 Mangos für 99 Cent, eine duftende Honigmelone für 69 Cent, 2kg Bananen für 99 Cent. Mein Paradies. Weil mir ja Aussehen von Obst und Gemüse herzlich wurscht ist, solange es schmeckt. Also schnüffelte ich mich durch die Melonen und war so versunken, dass ich meinen Fanclub gar nicht bemerkte. Nachdem ich mich fachfrauisch entschieden hatte, bat mich plötzlich ein Mann, ihm bei der Wahl zu helfen. Danach noch eine Frau, dann noch ein Mann, dann ging ich schnell weiter. An der Kasse schließlich brachte mir der erste Mann eine Tüte mit Mangos, als Dank für meine Hilfe.

Das Beste am Laden sind aber die Kassierer. Sie kennen alle Preise. Auswendig. Letztes mal fasste ich mir ein Herz und fragte nach dem üblichen Smalltalk: „Wie machen sie das?“ Die Antwort: „Vor Schichtbeginn bekommen wir 15 Minuten dafür bezahlt, durch den Laden zu gehen und die Preise zu lernen.“

Letzte Woche musste ich mir aus einer Obstkiste eine Gepäckkiste bauen, um meine Schätze heimzubringen. Die Kiste war so sperrig und schwer, dass ich eine Dame um Hilfe bitten musste, nur um sie aufzuladen. Aber dann fand ich mich super clever, die Best-Deal-Shopping-Glückshormone ließen mich lächeln.

Bis ich plötzlich eine Gewichtsverlagerung bemerkte. Noch bevor ich reagieren konnte, krachte die ganze Last auf die Straße. Bevor ich auch nur an Schadensbegrenzung denken konnte, musste ich erstmal mein immer noch schwer mit Fahrradtaschen beladenes Rad abstellen. Ein Auto hielt dicht hinter mir, eine besorgte Dame fragte, ob ich Hilfe bräuchte. Kurz überlegte ich, sie zu bitten, mir meine Einkäufe heim zu fahren (es waren nur noch wenige Straßen). Dann siegte die Scham und ich lehnte dankend ab.

Um nur 1 Minute später zugeben zu müssen, dass ich hier allein nicht viel erreichen würde. Die Kiste war aufgeplatzt, ich konnte sie so unmöglich transportieren. Ein Bauarbeiter bat mir seine Hilfe an und diesmal nahm ich dankend an. Mit Gummibändern schnürte er mir die Kiste aufs Rad und langsam eiernd radelte ich heim. Die zuckersüßen Melonen waren das Drama definitiv wert.

Mama ante portas – Einkauf bei Costco

Seit kurzem sind wir stolze Mitglieder von Costco, dem amerikanischen Metro für alle. Für $60 im Jahr darf ich nun Großpackungen shoppen und Geld sparen. Mein Traum!

Ein Besuch bei Costco ist ein so amerikanisches Erlebnis, es sollte auf der „To-do-Liste“ aller Touristen stehen. Eine riesige Halle mit allem, was man zum Überleben in den USA braucht: Campingstühle und Grills, Pools und Matratzen, Betten und Waschmaschinen. Dazu marinierte Rippchen in 6kg-Packungen, 60 Eier gestapelt in 2 Etagen, Joghurt in Eimern, Reis und Mehl in 10kg Säcken. Und all unsere Drogen: Tonis und Theos Oreo-Cookies, Philipps Frühstücksbacon, meine 3kg Schokocappucino. 2 l Sahne kosten hier soviel wie sonst 1/2 Liter im normalen Supermark. (Was tun mit 2l Sahne? Flüssig und geschlagen einfrieren.)

Costco ist wie ein überdimensionaler Aldi von früher (bevor Aldi anfing, Lidl nachzuahmen): Alles gibt’s genau 1x. Keine mich grenzenlos überfordernde Produktauswahl.

Beim 1. Besuch brauchte ich 2 Stunden, um mich zurechtzufinden und alles in den Wagen zu hieven. Dann der peinlichste Moment meines Berkeley-Lebens: Ich stehe mit übervollem Wagen an der Kasse, alles wurde von 2 freundlichen Männern gescannt und gestapelt – und meine Visacard funktioniert nicht. War einfach nicht genügend Geld drauf.

Panisch rief ich Philipp an, in der Hoffnung auf ein technisches Wunder. Dann die Erkenntnis: In Deutschland war es nach 18.00, jegliche Transaktion würde erst in 14 Stunden stattfinden. „Gibt’s eine andere Zahlmöglichkeit?“ – „Ja, Samsung-Pay.“ Kurzes Aufatmen, dann 2. Erkenntnis: mein deutsches Samsunghandy unterstützt diese App nicht. Und ich dachte, Technik wäre international. Also sah ich das Unabänderliche ein und ließ den Wagen unter 1000 Entschuldigungen stehen. Erstaunlicherweise wurde kein einziger Mitarbeiter wütend auf mich oder machte mir Vorwürfe. Stattdessen versuchten sie, mich zu trösten: „Das passiert jedem irgendwann mal. Kein Problem. Wir sind hier, um ihnen zu helfen. Machen sie sich keine Vorwürfe.“

3 Tage später mein 2. Versuch. Innerhalb von 45 Minuten hatte ich alles eingekauft, die Karte funktionierte (diesmal hatte ich mehrere mit zur Sicherheit). Und die Kinder stürtzen sich auf das Grillhühnchen und die 3kg Weintrauben.

Zu Hause füllte ich unser geräumiges Gefrierfach bis auf den letzten Platz mit Käse, Fleisch, Fisch und Guacamole, Hummus und Butter. Was man nicht alles einfrieren kann! Und mein hortendes Vorratsherz schlägt höher beim Blick in den Kühlschrank.

Für die nächsten 3 Monate brauchen wir nur Obst und Gemüse, Milch und Eier nachzukaufen. Und dann darf ich wieder zu Costco!

2020 kommt bestimmt! Was tun?

2020 ist eine Chiffre. Sie steht in Berkeley für Hoffnung und Angst. Hoffnung auf einen demokratischen Präsidenten und das Ende des Trumpschen Albtraums. Es wäre der Beweis, dass die Vernunft doch gewinnt. Dass Amerika doch das Land ihrer Träume ist. Dass die Mehrheit so denkt wie Berkeley: WEIRD = weiß, gebildet (educated), international, reich, demokratisch (nach einer Definition von Jonathan Haidt in seinem unbedingt empfehlenswerten Buch „The righteous mind: Why good people are divided by politics and religion“).

2020 steht für die Angst vor einem Schrecken ohne Ende. Was, wenn Trump wiedergewählt wird? Vielleicht diesmal sogar von der numerischen Mehrheit, nicht nur dank des uralten Wahlsystems und seiner Wahlmänner? Hier in Berkeley kann und will sich das niemand vorstellen. Gerade deshalb ist es denkbar. Weil hier niemand wirklich weiß, wie Republikaner ticken. 1. Gibt’s hier kaum welche. 2. Würden die sich nicht freiwillig outen. 3. Selbst wenn, würde man nicht mit dem Feind reden. Keine Sitzung in Schule, Chor oder Uni, bei der nicht irgendwann über Trump geflucht wird und alle nicken. Fühlt sich gut an. Hilft bloß nichts.

Was tun? Zahlreiche NGOs haben sich gegründet, um Menschen im Umgang mit Menschen anderer politischer Überzeugungen zu schulen. Im Idealfall werden Republikaner auf diese Weise missioniert und zu Demokraten. Eine davon ist „Smart Politics“ hier in Berkeley. Sie halten Web-Seminare ab und bieten Kommunikationstraining an.

Karen, die Leiterin, hat vor einigen Monaten einen politischen Buchclub ins Leben gerufen. Unweit entfernt von mir treffen wir uns monatlich im zeltähnlichen Loft einer pensionierten Anwältin. Es gibt Brot von „Acme Bread“ (die angesagteste Bäckerei in der Stadt), dazu Käse vom „Cheeseboard“ (hier gibt’s nichts was es nicht gibt) und Hummus (kein Treffen in Berkeley ohne Hummus!). Fast alle sind wir weiblich, alle mit Hochschulabschluss, fast alle weiß, alle weit gereist. Die einzige Diversität ist unsere Altersspanne von 33-75. Und, dass ich religiös bin. Denn Religion und liberale Politik geht in den Augen der meisten Menschen in Berkeley nur schwer zusammen. Während der 2 1/2 stündigen Treffen fühle ich mich auf Mission: den anderen zu helfen, ihre Vorurteile gegenüber Christen abzubauen!

Unser gemeinsames Ziel: Verstehen, warum die USA (bzw. die westliche Welt) so sehr gespalten ist in Links und Rechts und was Menschen nach Rechts zieht. Anerkennen, dass Menschen unterschiedliche politische Ideen haben, ohne gleich von Grund auf böse zu sein. Miteinander reden lernen (gar nicht so einfach, denn natürlich ist keines der Clubmitglieder Republikaner).

Aber es gibt andere Themen, die sich zu Übungszwecken mit ebenfalls demokratischen Nachbarn und Bekannten wunderbar eignen. Denn demokratisch bedeutet seeehr viel in Amerika. Alles von sozialistisch über sozial bis hin zu liberal-ohne-sozial ist zu finden. Wollte man die deutschen Parteien in den USA verorten, wären alle, abgesehen von AfD und NPD, unter den „Demokraten“. Allein schon aufgrund unserer sozialen Marktwirtschaft, der allgemeinen Krankenversicherung, der Arbeitslosenversicherung und selbst dank Hartz IV.

So einig sich die Demokraten in der Ablehnung von Trump sind, was sie wollen, steht auf einem anderen Blatt. Inzwischen bewerben sich 21 Politiker um das Amt des Präsidentschaftskandidates. Manche sind Sozialisten (ein Unwort selbst für viele Demokraten). Andere wollen ein bisschen mehr Gerechtigkeit für die Armen, aber natürlich keine Freiheiten dafür beschneiden. Manche werben für eine echte Einwanderungspolitik und gegen strukturellen Alltagsrassismus. Andere lassen diese Tretminen lieber aus.

Kurz: Beim Thema Einwanderung vertreten auch Demokraten plötzlich durchaus Trumpsche Parolen. Da können die Bürger Berkeleys ihre Kommunikationsstrategien aneinander üben. Ohne Sorge, dass ein schlechtes Gespräch gleich zur Wahl von Trump führt. Der bleibt hier der größte Feind, Einwanderung hin oder her.

Geburtstagskuchen Nr. 2

Wir haben die erste amerikanisch-deutsche Geburtstagsparty erfolgreich ausgerichtet! Hurra!

Theo durfte zu seinem 5. Geburtstag so viele Kinder einladen, wie er wollte. Und lud prompt seine gesamte Kitagruppe ein. Gut 15 4-5-Jährige folgten der Einladung samt Eltern und Geschwistern. Die letzten sagten spontan noch Samstagfrüh zu, 52 Leute standen auf der Online-Gästeliste. „Philipp, back bitte noch einen Kuchen!“, bat ich ihn panisch.

Einige Wochen zuvor hatte Theo mit großen Augen bei einer Freundin eine amerikanische Geburtstagstorte gesehen: Knallbunt, knallsüß, mit Figuren und Schriftzug. Spontan rief er aus: „SO einen Kuchen wünsche ich mir auch.“ Ebenso spontan antwortete die Mutter des Geburtstagskindes: „Ihr habt heute einen Kuchen (Guglhupf!) mitgebracht, da können wir dir doch auch einen mitbringen.“

Und so durfte Theo mit Philipp zum lokalen Safeway fahren und sich durch 50 Seiten Geburtstagstorten blättern. (Das allein war das größte Geschenk!) Die Entscheidung fiel auf einen Batman-Kuchen samt Hubschrauber und Batmobil, die den Bösewicht Joker über die Kuchenkante jagen. Natürlich wünschte er sich noch einen Papa-Kuchen. Diesjähriges Thema: eine von Piraten angegriffene Ritterburg.

Das Anschneiden der Torte ist das zentrale Ereignis einer Party. Theo strahlte vor Stolz und Glück. Philipp verteilte den Kuchen.

Ich: „Theo, welches Stück möchtest du?“

Theo: „Ich ess den doch nicht! Der ist viiiiiiiiel zu süß.“

Allen anderen hat er geschmeckt. Theo futterte Guglhupf und Muffins.

Natürlich war es am Ende viel zu viel Kuchen (die Chips waren aber ratzeputzeleer). Jetzt essen wir seit Tagen Guglhupf zum Frühstück und Torte zum Kaffeetrinken. Gibt wahrlich Schlimmeres!

Deutsch-Amerikanischer Geburtstag

In Berkeley kann man öffentliche Picknickplätze günstig von der Stadt online buchen. Und da die Regenzeit bis November vorbei ist, sind Open-Air-Parties auch nicht riskant.

12.00-16.00 Strawberry Creek Park samt Bach, Wiese und Spielplatz, hier wir kommen. 3 Picknicktische standen bereit, 2 Klapptische lieh ich mir aus, blumige Plastiktischdecken und bunte Schüsseln und Snacktabletts fand ich just 1 Woche vor der Feier auf der Straße. Freitag traf ich zufällig eine Bekannte, die 52 Plastebecher besitzt. #zerowaste und so. Danke, Gott!

Deutsch an der Party waren fast alle Kuchen und Spiele. Amerikanisch waren die obligatorischen Cracker, Chips, Dips. Und die Minigurken, dachte ich. Hier wird ja alles Gemüse roh gedipt. Und einige Tage zuvor waren Gemüsegurken im Angebot. Die hier aber anscheinend niemand ungesäuert isst oder gar dipt. Tja, da haben wir alle was Neues gelernt.

Am Samstag begann ich 9.00 mit meiner Geburtstagsrunde. Zu einer Bekannten radeln und Plastebecher einsammeln. Weiter zu einer Freundin, Kind und Auto übernehmen und zur nächsten Freundin, Klapptische und Seil für die Pinata holen. Schließlich zum Safeway fahren samt Toni und ihrer Freundin. Um ein „halbes Blech“ (= ein riesiges deutsches Kuchenblech) Torte abzuholen. Während ich das Schoko-Sahne-Erdbeer-Monstrum zur Kasse balancierte, riefen mir immer wieder Menschen zu: „Happy birthday!“

Ab 13.00 sollte die Party steigen. Gegen 13.10 kamen die ersten Gäste unter der Entschuldigung, leider zu früh sein. „Berkeley-Zeit“ ist immer unpünktlich, wenn es um Partys geht. Gegen 14.00 füllte sich der Park, 14.30 waren alle Gäste da, die Torte konnte unter singen angeschnitten werden. Als ich 15.15 die Pinata eröffnen wollte, waren die ersten Kinder schon im Aufbruch begriffen. Geburtstage dauern hier eher so um die 2 Stunden.

Es sollten Spiele gespielt werden. Hatte ich mir in den Kopf gesetzt:Topf schlagen, Eier laufen, Sack hüpfen, Matchboxautos aufrollen, Perlenketten fädeln. Natürlich nicht als Wettbeweb. Das ist hier verpönt. Sondern miteinander, gegeneinander, alle gewinnen. Dem individuellen Ehrgeiz tat das witzigerweise keinen Abbruch.

Fazit der Spiele: Wir haben alle Spiele gespielt. Nur die Perlen haben Theo und Toni abends allein gefädelt. Die meisten Kinder hatten eine echt kurze Konzentrationsspanne. Alle hatten Spaß! Die Eltern konnten sich entspannt unterhalten. Theo war glücklich, fix und alle. Ein rundum perfekter Tag!

Erschöpfter Theo!

Ostern im Mission District: Foxy Mary und Jesus-Wettbewerb im Park

Nach einem herrlich bunten und quirligen Gottesdienst samt Ostereiersuche in der Kirche und Brunch brauchten Theo und ich ein bisschen frische Luft. Also ab in den nächstgelegenen Dolorespark mit Spielplatz und Aussicht über San Francisco.

Auch hier wurde Ostern gefeiert. Ohne Orgel und Predigt, mit Liebe, Lebensfreude und Gastfreundschaft. Tausende Menschen der LGBTQ-Szene trafen sich auf Einladung der „sisters of perpetual indulgence“. Einige hatten aufwändige Barockkostüme angelegt, andere trugen überdimensionale Hüte für den „Easter-Bonnet“ Wettbewerb. Theo und ich stellten uns einfach samt meinem Fahrrad in die Menge und genossen die Stimmung. Nach wenigen Minuten kam ein Mann im bunten Blumenbikini und fragte Theo: „Magst du Kekse?“ Theo nickte froh und der Mann lief los und kam mit einem riesigen Tablett voller Cookies zurück samt Allergenangaben selbstverständlich. Theos Kommentar: „Der Mann hatte aber einen schönen Bikini an. Aber meinst du, ihm ist nicht kalt?“ Berechtigte Frage, denn in San Francisco weht eigentlich immer eine steife, kühle Brise. (Wie in Rostock!)

„Möchtet ihr euch zu uns setzen? Auf unserer Decke ist noch ganz viel Platz.“ Eine Frau lächelte mich an und zeigte auf ihren Platz. Ich fühlte mich innerhalb kürzester Zeit wohl und willkommen zwischen all diesen wildfremden Menschen, mit denen ich äußerlich wenig gemein hatte. Ich: österlich in Cocktailkleid, Blazer und Pumps. Alle anderen: halbnackt bis Osterhasenkostüm. Wir alle: Menschen. Und ich hatte plötzlich das tiefe Gefühl, die Osterbotschaft verkündet zu bekommen. Von der allumfassenden Liebe Gottes, die jeden Menschen so annimmt, wie er ist. Und von Gottes Macht, Botschaften entgegen ihrer Intention zu senden. Denn die „sisters“ treffen sich seit 40 Jahren am Ostersonntag, um diesen Tag zu „entweihen“.

Ich war ein bisschen stolz auf Theo. Männer in Kleidern, Frauen mit Bärten? Das war ihm keines Kommentars wert. Nur die Hüte beeindruckten ihn. Und die vielen Jesus-Doubles. Denn Höhepunkt der Veranstaltung war der „Hunky Jesus Contest“. Kriterien: Aussehen, Kreativität, Witz, Accessoires (Kreuz, Dornenkrone, Wet-T-Shirt…). Gotteslästerung?? Nö! Ich glaube, Jesus hätte seine Freude daran gehabt. Immerhin hatte er als Auferstandener durchaus Sinn für Humor und Überraschungen. Wenn er plötzlich in einem Raum bei seinen Jüngern auftauchte und so tat, als sei das das Normalste von der Welt. Wenn er statt mit Brot und Wein mit Brot und Fisch (Abend-)Mahl feierte. Wenn er im Moment des Erkanntwerdens verschwand. Jesus hätte den Hunky-Jesus-Contest definitiv gewonnen! Denn er ist wahrhaftig auferstanden! Das kann sonst keiner.